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New open: Restaurant Werkhof (von Gastautor Simon Kurt)

Wo einst eine Garage betrieben wurde, findet man heute das Restaurant Werkhof. Die massiven Tore entlang der Fassade erinnern noch heute an den handwerklichen Betrieb aus vergangenen Zeiten. Hinter dieser Patina gibt es seit vergangenem Mai einiges zu entdecken: „Schweiz auf dem Teller, Schweiz im Glas“, so das Motto. Ein kulinarischer Ausflug ins eigene Heimatland.

Saisonal national

Regionalität und Saisonalität sind heutzutage in der Gastronomie kein Novum mehr. Vor vielen Monden als Gegenbewegung zur schleichenden Globalisierung und permanenten Verfügbarkeit sämtlicher Lebensmittel dieser Welt etabliert, findet man die beiden Schlagwörter heutzutage gefühlt auf jeder zweiten Speisekarte. Und das ist auch gut so.

Nicht selten findet man dann doch noch das eine oder andere exotische Produkt auf der Speisekarte. Eine konsequente Umsetzung dieses Anspruches bedänge den Verzicht auf eine Vielzahl von Produkten, an die man sich als Gast irgendwie halt doch gewöhnt hat – aber dazu später mehr.

Die Betreiber des Werkhofs hingegen haben sich dazu entschlossen, das Paket noch etwas enger und konsequenter zu schnüren: Bei Fabienne Lüdi, Michael Früh und Rafael Hänni kommen ausschliesslich Produkte aus dem Inland auf den Tisch. Und damit dieser Kreislauf vollständig ist, stammt selbst das Futter der verarbeiteten Tiere aus der Schweiz. Dass man dabei nur das verwertet, was die Natur gerade so hergibt, ist für das Trio selbstverständlich. Das Konzept liest sich gut – aber funktioniert das auch auf dem Teller?

Leichtigkeit mit Tiefgang

Guten Mutes haben wir uns für das Dreigang-Menü entschieden, welches mit 72 Franken zu Buche schlägt. Für Vielesser und Gernegeniesser gibt es mit dem Viergänger für 83 und dem Fünfgänger für 94 Franken die Möglichkeit, den Abend kulinarisch etwas zu verlängern. Passend dazu gibt es für 29, 38 oder 47 Franken eine passende Weinbegleitung. Fans von Offenweinen haben abgesehen davon die Möglichkeit, so ziemlich alle Weinbauregionen zwischen dem Genfersee und dem Tessin auch glasweise zu bereisen.

Der Auftakt zum Menü erfolgt mit einem hausgemachten Sauerteig-Emmervollkornbrot, frischer Butter und Rindsleber. Die Nähe zur Herkunft der Produkte ist bereits bei diesen an sich simplen, aber geschmacklich eindrucksvollen Komponenten mit jedem Bissen spürbar. Jedes Aroma hat Tiefgang und wir müssen uns beherrschen, dass wir unseren Hunger nicht bereits mit diesem charakterstarken Trio stillen.

Als Vorspeise erreichen uns Berner Steinbock mit Bio-Rotkorn und Quitte sowie hausgemachter Bio-Tofu mit Kraut-Chi. Auch bei den Hauptgängen wollten wir unbedingt beide Teller kosten: Aargauer Wildsau mit Sauerteigknödel, Rande und Zwiebel sowie hausgemachte Gnocchi mit Kürbis, Joghurt und Bärlauch. Abgerundet wurde das Menü mit einem Dessert aus Zwetschge, Dinkelgrünkern und Bio-Ingwer. Während das Menü bisher eher mit matten Texturen und fein verwobenen Aromen punktete, bot das Dessert mit der perfekten Balance von Süsse und Säure genau die richtige Dosis an Erfrischung, um sich anschliessend mit einem gut gefüllten, aber nicht übervollen Bauch gemütlich zurücklehnen zu können.

Es fehlt an (fast) nichts

Ohne es bemerkt zu haben, hat sich der Werkhof mittlerweile in einen gemütlichen leuchtenden Zufluchtsort verwandelt, der diesen blauschwarzen Winterabend bis an den Kreisel der Könizstrasse erhellt. Zugegeben: Bis hierhin ist das Konzept mit dem kulinarischen Patriotismus gut aufgegangen. Während dreieinhalb Gängen hatten wir niemals das Gefühl, etwas zu vermissen. Jetzt, am Ende des Menüs angelangt, haben uns die konzeptbedingten Lebensmittelrestriktionen aber doch noch ein Schnippchen geschlagen.

Um sich nicht entkoffeiniert auf die Heimreise machen zu müssen, wäre uns ein Espresso wohl bekommen. Weit gefehlt, denn: Unter 8.5 Millionen Einwohnern gibt es in der Schweiz bis heute keine Seele, die Kaffee anbaut. Fabienne überzeugt uns Gewohnheitstiere schliesslich aber charmant, stattdessen den hauseigenen Lupinenaufguss zu probieren – gänzlich ohne Koffein zwar, mit seinen nussigen Röstaromen aber nicht weniger spannend im Geschmack.

Der Abend im Restaurant Werkhof blieb uns in guter Erinnerung. Vom Moment des Betretens bis zur Heimkehr hat man stets das Gefühl, bei Freunden zu Gast zu sein. Dies ist nicht zuletzt der sympathisch-unkomplizierten Art der drei Jungrestaurateure geschuldet, die dem Werkhof und seinen Gerichten ihren unverkennbaren Stempel aufgedrückt haben. Diese Kreationen zeigen, was unser Land alles an wunderbaren Produkten hervorbringt und was daraus, mit viel Liebe zum Detail, alles gezaubert werden kann.


Restaurant Werkhof
Könizstrasse 172
3097 Liebefeld

031 921 44 44
info@restaurantwerkhof.ch

Abends wird eine Reservation empfohlen.


Über den Gastautor Simon Kurt

Simon führt gemeinsam mit seiner Frau Tanja die Content-Agentur «Digitale Massarbeit». Wenn er die Welt nicht gerade durch den Kamerasucher sieht, trifft man den Solothurner meistens in der Nähe von gutem Essen an – ganz nach dem Motto «work hard, eat well, travel often».

 

 

 


Fotos: Digitale Massarbeit

1 Kommentar

  1. Petra 19. Dezember 2020 um 17:02 Uhr

    Regional und saisonal ist gut, aber man soll nicht übertreiben. Mit dem Lupinen-etwas anstatt Kaffee übertreiben sie masslos.

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