Zwei Berner zeigen Kunst im alten Spital
White Cube – so sehen wir Kunst oftmals. Weisse Wände, grosse Räume, nichts anfassen. Zwei junge Berner brechen mit diesem Konzept. Im KORE Contemporary Art Space und Content gibts lokale Kunst zu erschwinglichen Preisen mitten im Spitalflair.
«Und wo müssen wir jetzt genau hin?», ich schaue Bärner Meitschi Fotografin Aleksandra fragend an. Wir stehen auf dem Areal des alten Zieglerspitals, wo zwischen 1869 bis 2015 noch Patientinnen und Patienten behandelt wurden. Das erste Gebäude, das wir ansteuern, wird als Empfangs- und Verfahrenszentrum des Bundes für Asylsuchende genutzt, wie wir schnell feststellen. Im Hauseingang des Personalhaus West begegnen wir schliesslich jungen Menschen, die wohl ins Hostel77 gehören, blicken seitlich ins Kaffee und machen uns auf ins 2. Obergeschoss.
Kaum oben angekommen, stehen wir schon mitten in der Ausstellung. In den ersten drei Räumen im 2. OG, wo einst das Personal des Zieglerspitals wohnte, befindet sich das KORE Contemporary Art Space und Content. Mein Blick schweift schnell zu einem grossformatigen Bild, welches stark an eine Science-Fiction-Szene erinnert am Ende des Gangs. Aus dem Zimmer daneben sind Gitarrenklänge und Bässe zu hören. Nur wenige Augenblicke vergehen, bis uns Samuel Klopfenstein und Kevin Muster, die beiden Kuratoren, begrüssen. Seit Dezember 2017 sind sie mit ihrem Konzept, einer multifunktionalen Plattform für Kunst, Ausstellungen und Projekte, im Zieglerspital zuhause.
Spitalflair
Der atypische Kontext des alten Spitals habe auch die aktuelle und erste Ausstellung mitgeformt, erklären mir die beiden. Wie sich herausstellt, stammt das Science-Fiction-Bild vom Bieler Künstler Andreas Dobler, der sich von den Räumen im alten Spital inspirieren liess. So findet man in der Ausstellung, «Im Reich von Dr. Easan», Metaphern und Hommagen an die einstige Verwendung der Räume. Alles zwischen Plastiken von Beckenknochen, alten Lerntafeln über menschliche Organe bis hin zum vertrauten Wartezimmer inkl. Klatschheftchen und Publikationen über den Künstler ist hier zu finden.
Die Bandbreite des künstlerischen Werks von Dobler bietet dabei von Skulpturen über Gemälden hin zu Installationen alles. Am besten gefiel mir der Raum, aus dem die Gitarrenklänge zu hören sind – die gemäss Erklärung von Kevin als meditative Yoga-Musik von Altrockern in Los Angeles verwendet werden. Im Raum hängen zwei grosse, in dunklen Farbtönen gehaltene Gemälde, auf denen Schriftzüge und Abbilder von alten Rockbands zu sehen sind. Auf einer Holzbüste ist ein altes Fanshirt gespannt. Die Sitzkissen am Boden laden zum Studium der grossen Werke ein, auf denen ich plötzlich alle versteckten spiritualisierten Objekte entdecken kann.
Objet trouvé
Die Werke des zweiten Künstlers, des rund 20 Jahre jüngeren Marcel Freymonds, hingegen arbeiten sich schon fast in die Räumlichkeit ein. Die rund zwei Duzend A5-Gemälde mit den eigens von ihm angefertigten Holzrahmen fallen mir erst beim zweiten Blick auf. Die Handschrift des Künstlers lässt sich auch auf einem rund 150 x 150 cm grossen verrosteten Stück Metall im Garten erkennen. Das «Objet trouvé» fand der Künstler und bemalte es mit seinen für ihn typischen dicken Pinselzügen, die sich durch die Bilder schlängeln, genau wo er es fand: In einem kleinen verwilderten Gartenabschnitt unterhalb des Balkons der Galerie.
Flash-Tattoo
Die Kunst von Freymonds konnte man sich bei der Vernissage übrigens beim Flash Tattowierer Sinchi Liendo, der sonst im Palace Tattoo Parlour in der Berner Altstadt sticht, permanent auf seine Haut verewigen lassen. Wie sichs gehört, gingen die beiden Kuratoren dabei mit bestem Vorbild voran.
Ein Besuch ist gut zum Feierabend planbar, da die Galerie von Montag und Freitag zwischen 16 und 19 Uhr geöffnet ist. Die aktuelle Ausstellung ist noch bis am 16. Februar 2018 zu sehen.
Fotos: Aleksandra Zdravkovic
KORE Contemporary Art Space and Content
Personalhaus West
2. Obergeschoss
Morillonstrasse 77
3007 Bern
+41 79 419 99 60
+41 76 391 64 31
www.kore-contemporary.ch
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